Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft e.V.

Dmitri Schostakowitsch, 25. September 1906  ─  9. August 1975

Schostakowitsch-News aus den Jahr 2023


Krzysztof Meyer, einer der bedeutendsten polnischen Komponisten der Gegenwart, Kompositionslehrer, Musiktheoretiker und vielfach ausgezeichneter Kenner von Leben und Werk seines großen russischen Komponistenfreundes Dmitri Schostakowitsch vollendet am 11. August 2023 sein 80. Lebensjahr. Die Deutsche Schostakowitsch Gesellschaft gratuliert ihrem langjährigen Präsidenten und jetzigen Ehrenpräsidenten herzlich. Er hat sich unschätzbare Verdienste um die Verbreitung des künstlerischen Werkes Dmitri Schostakowitschs und um die Entwicklung unserer Gesellschaft erworben. Unser Mitglied Alexander Gurdon, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Musik und Musikwissenschaft der TU Dortmund, sowie Lehrbeauftragter im Arbeitsbereich der Phänomenologie der Musik an der Universität Witten/Herdecke, hat den Jubilar in seinem Zuhause besucht und berichtet in einem ausführlichen Beitrag für das VAN-Magazin über die Begegnung mit einem faszinierenden Zeitgenossen und wunderbaren Menschen.  
„Erkämpfte Freiheit in Noten“: Michael Ernst würdigt Krzysztof Meyer anlässlich seines 80. Geburtstags in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung


Kleines, aber feines Schostakowitsch-Festival in Bremen

Drei Tage Schostakowitsch intensiv

Kaum ein Komponist litt unter politischen Restriktionen und Repressionen so sehr wie Dmitrij Schostakowitsch. Unter Stalin befand er sich quasi im kaum zu ertragenden Dauerspagat zwischen künstlerischer Selbstverwirklichung und dem Gulag. Die Bremer Philharmoniker unter Leitung ihres Dirigenten Marko Letonja lenken im Februar 2023 mit dem Festival „Phil intensiv – Schostakowitsch!“ den Fokus auf einen von einem diktatorischen Regime unterdrückten Komponisten, stellvertretend für Millionen Menschen, die in Unfreiheit und Krieg leben müssen. Drei Tage lang geht es nur um Dmitrij Schostakowitsch und seine Musik: Am 5. Februar kommen die Sinfonien 9 und 14 mit Annette Dasch (Sopran) und Dimitri Ivashchenko (Bass) zur Aufführung, am 6. Februar stehen fünf Zwischenspiele aus der Oper „Lady Macbeth von Mzensk“, das Klavierkonzert Nr.1 (Dejan Lazić, Klavier und Thomas Ratzek, Trompete), sowie die 10. Sinfonie auf dem Programm und am 7. Februar endet das kleine aber feine Schostakowitsch-Festival in der Bremer „Die Glocke“ mit einer Gegenüberstellung der 1. und 15. Sinfonie des großen russischen Komponisten, der wie kein Zweiter für die Errungenschaften und Widersprüche der Musik des 20. Jahrhunderts steht. Weitere Informationen auch zum Kartenverkauf finden Sie auf der Webseite der Bremer Philharmoniker:


Das Programm der 14. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch

Schostakowitsch – Schnittke – Meyer

Krzysztof Meyer. Foto (c): Mariusz Forecki

Werke von Dmitri Schostakowitsch, Alfred Schnittke und Krzysztof Meyer bestimmen das Programm der 14. Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch, die vom 22. bis 25. Juni im Kurort Gohrisch in der Sächsischen Schweiz stattfinden werden.
Alfred Schnittke hat mit seiner polystilistischen Schreibweise die Widersprüchlichkeit der spätsowjetischen Ära wie kein Zweiter in Töne gesetzt. Er starb vor 25 Jahren in Hamburg. Krzysztof Meyer, langjähriger Präsident und jetziger Ehrenpräsident der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft ist den Schostakowitsch-Tagen von Anfang an eng verbunden. Der einstige Freund Schostakowitschs und sein späterer Biograf feiert in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag – für die Schostakowitsch-Tage ein willkommener Anlass, ihn mit dem diesjährigen Schostakowitsch-Preis auszuzeichnen und einige ausgewählte Werke des bedeutenden polnischen Komponisten in Gohrisch zu präsentieren.
„Eigentlich könnte ich konstatieren: Wir freuen uns auf ein normales Festival, ohne jegliche Einschränkungen. Allein das wäre schon viel wert. ‚Normal‘ sind diese Zeiten aber mitnichten. Und ‚normal‘ ist auch nichts bei den Schostakowitsch-Tagen“, betonte Tobias Niederschlag, Künstlerischer Leiter der Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch, bei der Vorstellung des diesjährigen Programms. „Jedes Jahr von neuem folgen Weltklassekünstler unserem Ruf in die Gohrischer Konzertscheune, lassen sich auf Programme ein, die sie exklusiv für unser Festival einstudieren – und verzichten dafür noch auf jegliche Honorierung. Das grenzt immer wieder von Neuem an ein Wunder. Und ist letztendlich nur dem Künstler und Menschen Dmitri Schostakowitsch zu verdanken, dem alle Musikerinnen und Musiker, die zu uns kommen, allerhöchste Wertschätzung entgegenbringen. Das spüren wir als Festivalmacher, das spürt aber auch unser Publikum. Und das schafft eine Atmosphäre, wie ich sie tatsächlich nur hier in Gohrisch bislang erlebt habe.“
Ausführliche Informationen zum Programm und zum Kartenvorverkauf finden Sie hier ►


21. Musikwissenschaftliches Symposium 2023

„Schostakowitsch in der europäischen Kulturgeschichte“

Im Zentrum der europäischen Kulturgeschichte: Schostakowitsch mit Beethoven-Büste. Foto: DSCH Publishers

Von Bernd Feuchtner

Schostakowitsch und Stalin – das ist ein ausuferndes Thema geworden, plattgetreten in Buch, Film und Oper. Sicher, der wachsende Terror hat die Entwicklung des Komponisten in eine andere Richtung gelenkt, als er plante. Dass er sich dennoch geistig nicht unterkriegen ließ, lag an seiner Persönlichkeit, die in der Petersburger Intelligentsia geformt worden war. Dort hatte man einen weiteren Horizont als nur den russischen und  dann den sowjetischen. Die Moderne war in Kunst, Dichtung und Musik eine gesamteuropäische Erscheinung, war Resultat der Entwicklung aller europäischen Gesellschaften im 19. Jahrhundert. Die russischen Künstler des 19. Jahrhunderts waren viel gereist: nach Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien. An erster Stelle stand Paris als Hauptstadt des 19. Jahrhunderts, aber für Peter Tschaikowsky war Bachs, Mendelssohns und Schumanns Leipzig ebenso wichtig und umgekehrt St. Petersburg für Beethoven, Wagner, Verdi, Mahler. Schostakowitsch hielt sich musikalisch für einen Abkömmling der Wiener Schule, bereichert durch die universale Musik von Mahler und Mussorgski. Es ist bekannt, dass er auch später die Entwicklungen der westeuropäischen Musik aufmerksam verfolgte und seine Schüler damit bekanntmachte. Der Jazz, das Musical, Charlie Chaplin beeinflussten nicht nur seine Unterhaltungsmusik. Die Entfremdungszeichen dort waren auch ihm nicht fremd, Krieg und Judenverfolgung trafen Gesamteuropa. Samuel Beckett beispielsweise war – auch wenn er ihn vielleicht nicht kannte – eine verwandte Künstlerseele.
Der Eiserne Vorhang hat die europäische Kultur nicht völlig trennen können, unter Künstlern gab es einen stetigen Austausch von Gedanken und Techniken. Diesen Verbindungen – vom Symbolismus über den Futurismus bis zu den Folgen des Totalitarismus (der ja auch eine gemeinsame europäische Erfahrung war) und dem Existentialismus in allen Kunstsparten wollen wir nachgehen. Es ist Zeit, Schostakowitsch aus der Sowjetnische zu befreien.

Unser 21. Musikwissenschaftliches Symposium wird in In Kooperation mit dem Institut für Musik und Musikwissenschaft der TU Dortmund (Alexander Gurdon), des Orchesterzentrums | NRW (Alexander Hülshoff, Sarah Umiger) und der 23 Dortmunder DEW21 Museumsnacht veranstaltet und  vom 22. bis 24. September 2023 im Orchesterzentrum NRW, Brückstraße 47, in Dortmund stattfinden. Einzelheiten über das Programm,  die Referent*innen, die Themen der Referate, die Konzerte im Rahmen der Schostakowitsch Musiknacht, sowie Organisatorisches wie Anmeldung und Anfahrt können Sie unserem Veranstaltungsflyer  entnehmen.



21. Musikwissenschaftliches Symposium in Dortmund

 Ertragreich und menschlich sehr erfreulich

 

„Zitatwesen und Körperlichkeit“: Mit einer spannenden Analyse des Violinkonzertes von Alban Berg und des ersten Violinkonzertes von Dmitri Schostakowitsch endete das 21. Musikwissenschaftliche Symposium der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft in Dortmund. Maria Suwelack (Violine), Akiko Metzler (Klavier) und Alexander Gurdon verglichen in ihrem inhaltlich hochinteressanten und mit zahlreichen Musikbeispielen bereicherten Vortrag zwei der bedeutendsten Instrumentalkonzerte des 20. Jahrhunderts miteinander. In einem ersten Resümee sprach Bernd Feuchtner, Präsident der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft, von einem wissenschaftlich ertragreichen und menschlich sehr erfreulichen Symposium, das unter dem Thema „Schostakowitsch in der europäischen Kulturgeschichte“ stand. Er dankte Alexander Gurdon und seinem Team vom Institut für Musik und Musikwissenschaft der TU Dortmund herzlich für die ausgezeichnete Organisation und dem Orchesterzentrum | NRW für die großartige Gastfreundschaft. Einen ausführlichen Bericht finden Sie hier: ►



Neue Edition der Berliner Philharmoniker: Kirill Petrenko dirigiert Schostakowitschs Symphonien 8, 9 und 10

Unglaubliche Seelendramen

Als »unglaubliches Seelendrama« beschreibt Kirill Petrenko Dmitri Schostakowitschs Achte Symphonie. Unter Lebensgefahr verfasste der Komponist sie während des Zweiten Weltkriegs: zwischen bedrohter Existenz und stalinistischer Zensur. Auch die Neunte und  Zehnte legen eindringlich Zeugnis ab von Schostakowitschs Auseinandersetzung mit dem Regime – und seiner Selbstbehauptung. Berliner Philharmoniker Recordings veröffentlicht nun die Aufnahmen der Symphonien 8–10 als zweite große Hardcover-Edition des Orchesters mit Chefdirigent Kirill Petrenko. Die Edition enthält die Aufnahmen, die während der Corona-Pandemie entstanden sind, auf zwei CDs sowie einer Blu-ray. Begleitet werden sie von einem Interview-Film mit Kirill Petrenko und fundierten Texten zu Schostakowitschs Wirken. Der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker erläutert im Vorwort zudem seine Verbundenheit mit dem Werk des großen russischen Komponisten.

Das Booklet enthält zudem einen längeren Beitrag „Schostakowitsch, der Europäer“  von Bernd Feuchtner, in dem der Präsident der Deutschen Schostakowitsch Gesellschaft ausführlich die kreative Weiterentwicklung der Formen der Wiener Tradition von Haydn bis Mahler durch Schostakowitsch untersucht, der sich durch deren etablierte Formenwelt einerseits tarnte, andererseits aber auch die Verbindung zur gesamteuropäischen Kultur aufrecht erhielt. ►

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